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Gold von den Sternen

von

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Die Geschichte des Königs

Eine Mauer der Verzweiflung,

die jene beschützen soll, die man liebt.

Die sie vor allem Unheil bewahren soll, das existiert.

Ist es nicht auch zugleich eine Mauer des Herzens, die einen kalt werden lässt?

 

 

„Vater…“

Ich drehte mich zu ihm um.

Der König der Geister sah mich an.

Er war überwältigend wie immer. Er trug seinen Umhang, der die Weiten der Sterne sichtbar machte und er war um einiges größer als ich selbst.

Ich konnte nicht sagen, ob sein Blick traurig oder einfach nur enttäuscht war.

„Warum muss ich solch rebellische Worte aus deinem Mund hören, Leo?“, fragte der ältere Mann und ich erhob mich.

„Ich will ein Mensch werden, Vater“, sagte ich entschlossen und er würdigte mich mit einem abschätzigen Blick.

„Warum willst du von hier weg? Ist es wegen ihr?“

Ich erinnerte mich zurück:

Lucy und mein Vater waren sich zum allerersten Mal begegnet, als ich vor Karens Grab beinahe verschwunden wäre.

„Warum hast du ihr damals nicht gesagt, dass du mein Vater bist?“, fragte ich leise und der Geisterkönig lachte auf.

„Ich hatte es nicht für nötig gehalten, ganz einfach. Nicht alle Menschen müssen wissen, dass du mein Sohn bist. Also, ist es wegen ihr?“, fragte er und ich ließ leicht den Kopf sinken.

„Und wenn es so wäre?“, fragte ich leise.

„Du bist der Anführer des Tierkreises, Leo, der Löwe. Selbst wenn ich es könnte, ich gestatte es dir hiermit nicht!“

„Warum, Vater? Warum willst du uns Stellargeister gefangen halten? Wir sind keine Tiere, die man in einen Käfig sperren kann!“, schrie ich aufgebracht.

„Wie redest du mit deinem Vater?“, wurde ich dröhnend gefragt.

Ich zuckte zurück.

Ich hatte eigentlich größten Respekt vor meinem Vater, da ich ihn sowieso kaum sah und er sich nur zu wenigen wichtigen Anlässen zeigte.

„Ist die Liebe denn so etwas Schlechtes?“, hörte ich mich sagen.

Der König wurde plötzlich sehr still.

„Ich… erzähle dir jetzt eine Geschichte, Leo.“

Ich horchte auf.

Was würde er mir jetzt erzählen?

„Früher… war ich der erste Stellargeist, den es überhaupt auf der Welt gab. Ich besaß einen Schlüssel, so wie heute jeder von euch seinen Schlüssel besitzt.

Meine frühere Besitzerin hieß Carolin.

Wir haben Seite an Seite gekämpft, sie war deiner Lucy sehr ähnlich. Sie hat einen starken Kampfgeist besessen und hatte den Wunsch, die Welt zu einer besseren zu machen, als sie ursprünglich war.

Sie war eine Heldin. Durch meine Hilfe besiegte sie beinahe jeden Feind.

Doch irgendwann rief sie mich nicht nur, wenn sie mich im Kampf benötigte, sondern es fing damit an, dass sie meine Meinung zu bestimmten Fragen hören wollte und mit mir etwas trinken ging.

Es gab einen Zeitpunkt, an dem ich meine Faszination ihr gegenüber kaum mehr zurückhalten konnte.

Ich wusste nicht, was für ein Gefühl das war, was ich empfand.

Ich hätte es dir nicht benennen können.

Irgendwann jedoch begriff ich, dass es das Gefühl sein könnte, das die Menschen auf der Erde als Liebe bezeichneten.

Ich hatte mich in sie verliebt, ebenso wie du dich in Lucy verliebt hast“, erzählte der Geisterkönig und ich starrte ihn an.

Er war einmal selbst ein Stellargeist gewesen?

Er?

„Doch dann… lief alles schief“, erinnerte sich der König und seine Miene wurde traurig.

„Irgendwann gestand sie mir, dass sie sich auch in mich verliebt hatte und wir nutzten jeden freien Moment, um zusammen zu sein. Doch es zehrte an ihren Kräften. Ich wusste damals nicht, dass es auch die Möglichkeit gab, meine eigene Magie zu benutzen, um das Tor zu durchqueren.

Sie wurde immer schwächer und ich entschied mich dazu, für längere Zeit zu verschwinden, um ihre Kräfte zu schonen. Doch es war ein Teufelskreis. Sie wurde depressiv und ihr Zustand verschlechterte sich dramatisch.

Die Zeit in unserer Welt läuft anders, Leo. Ich habe festgestellt, dass die zwei Tage, die ich hier verbracht habe, für sie vier Jahre ausgemacht hatten.

Ich hatte ihr vor meinem Aufbruch meinen Schlüssel abgenommen und als ich zu ihr zurückkehrte, lag sie im Sterben, besiegt von einem Feind, der ihre Schwäche ausgenutzt hatte.

Sie… ist in meinen Armen gestorben.“

Ich hatte die Augen weit aufgerissen, ich war entsetzt, ich war geschockt.

Das hatte er erlebt?

„Ich habe kurz nach meiner Rückkehr meinen Schlüssel zerstört, sodass er für niemanden mehr zugängig war.

Mit dem Zerbrechen meines Schlüssels habe ich den kompletten Himmel verändert.

Mein eigenes Sternbild, das bis zu diesem Zeitpunkt das einzige am Firmament war, erlosch und dafür flogen die Splitter meines Schlüssels in die Nacht und formten dort die Sternenbilder und ihre Geister, die wir heute kennen.

Seit diesem Tag habe ich diese Welt hier kein einziges Mal mehr verlassen, außer an dem Tag, wo deine Lucy mich gerufen hatte.

Ich habe dich, Leo den Löwen zu meinem Sohn gemacht und dich zu mir geholt.

Ich wollte einen Sohn, dem ich meine Liebe schenken konnte.

Außerdem brauchte ich einen würdigen Anführer für die Tierkreiszeichen.

Du trägst all die Eigenschaften in dir, die Carolin einst besessen hatte.

Seitdem habe ich in dieser Welt hier gelebt und mein Aussehen hat sich verändert, nachdem meine magischen Kräfte enorm angewachsen sind.

Ich bin der König über alle Geister geworden, um euch zu beschützen, damit euch nicht dasselbe Leid wie mir widerfährt.

Ich verstärkte die Grenzen zwischen unserem Reich und dem der Menschen.

Die Welt hatte mich enttäuscht – und ich sie.

Ich habe in ihr nichts mehr verloren.“

 

 

Es war einmal ein König,

Der lebte mit seinem Sohn

In einem Schloss,

Das lag in einem Zaubergarten.

Und weil der König alt und von der Welt enttäuscht war,

War die Mauer sehr hoch,

Und das Tor immer zugesperrt.

"Es gibt", sprach der König, "keinen besseren Ort!“

Doch die Sehnsucht sprach zum Prinzen: "Du musst hier fort!"

 

Manchmal nachts fällt Gold von den Sternen.

Du kannst es finden, da draußen wo noch keiner war.

Sein heißt Werden, Leben heißt Lernen,

Wenn du das Gold von den Sternen suchst,

Musst du allein hinaus in die Gefahr.

 

 

„Verstehst du meine Beweggründe, Leo? Weißt du, warum ich das Tor zugesperrt habe? Da draußen lauert Gefahr auf dich! Auch die Liebe ist eine solche Gefahr, vor der ich dich schützen muss! Ich sehe es als meine Bestimmung. Ich will nicht, dass nochmal irgendeinem von euch dasselbe zustößt wie mir!“

„Ja, ich kann dich verstehen“, hörte ich mich sagen.

„Dennoch sagt die Stimme in mir, dass ich fliehen muss!“, sagte ich und sah ihm in die Augen.

„Die Beziehung zu einem Menschen ist für einen Stellargeist strikt verboten, Leo. Und das weißt du!“, sagte der König und ich knirschte mit den Zähnen.

 

 

"Da draußen wirst du scheitern!"

Sprach der Vater zum Sohn.

"Genau wie ich!

Drum bleib in unserem Zaubergarten.

Ich geb dir Sicherheit.

Nur um dich zu beschützen, ist die Mauer so hoch,

Und das Tor immer zugesperrt."

Die Liebe des Königs sprach aus jedem Wort,

Doch die Sehnsucht sprach zum Prinzen: "Du musst hier fort!"

 

Am Rand der Welt fällt Gold von den Sternen,

Und wer es findet, erreicht was unerreichbar war.

Sein heißt Werden, Leben heißt Lernen,

Wenn du das Gold von den Sternen suchst,

musst du allein hinaus in die Gefahr.

 

 

„Ich kann dich nicht gehen lassen, Leo“, sagte der Geisterkönig und ich sah, wie sich eine Träne in seinen Augenwinkeln versteckte.

„Ich kann dich nicht auch noch verlieren. Du musst hierbleiben. In Sicherheit. Die Stellargeister können diese Welt nur noch verlassen, wenn sie gerufen werden. Damit ist das Gespräch beendet“, sagte der König und ich sah ihn bestürzt an.

Klar verstand ich seine Beweggründe – aber warum konnte er nicht auch die meinen verstehen?

Wenn er doch selbst das Gefühl der Liebe entdeckt hatte, warum verstand er dann nicht, wie ich mich fühlte?!

„Ich verstehe dich, Leo. Aber ich tue das nur zu deiner eigenen Sicherheit.“
 

 

Lieben heißt manchmal loslassen können.

Lieben heißt manchmal vom Geliebten sich trennen.

Lieben heißt nicht nach dem eig'nen Glück fragen.

Lieben heißt unter Tränen zu sagen:

 

Weit von hier fällt Gold von den Sternen,

Du kannst es finden, da draußen wo noch keiner war.

Sein heißt Werden, Leben heißt Lernen,

Wenn du das Gold von den Sternen suchst,

Musst du fort von zu Haus und nur auf dich gestellt,

Allein hinaus in die Welt voll Gefahr.

In die Welt voll Gefahr.

 

 

Plötzlich sah ich auf, als ich mein Tor aufleuchten sah.

Rund und hell schienen mir die verschiedenen Zeichen entgegen und boten mir die Möglichkeit, hindurchzutreten.

Das konnte nur eins bedeuten: Lucy rief nach mir!

„Geh nicht, Leo!“, rief mein Vater, doch es schien mir, als sei er weit entfernt.

Verführerisch glänzten die Runen und zogen mich mit sich, ich musste ihnen nur noch nachgeben, dann konnte ich diese Enge namens Geisterwelt endlich verlassen.

Mit einem erleichterten Seufzen gab ich dem Drang in meinem Herzen nach und schritt durch das Tor hindurch.

Im Augenwinkel sah ich eine Träne in den Augen meines Vaters aufleuchten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Maryhase
2013-05-09T18:18:03+00:00 09.05.2013 20:18
Yeay!!
Du hast mich umgebracht!! Das ist es also!
Du willst mich loswerden!! Ich wusste es!!!
Aber hey, ich war die Besitzerin des jetzigen Geisterkönigs!



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